Welche Pläne hat der Bund für die Immobiliensektor, um die Klimaziele zu erreichen?
Die Pläne für ein schnelleres Erreichen der Klimaziele zielen im Immobiliensektor – und hier speziell im Neubau – darauf ab, den Erdgasbedarf mittelfristig und langfristig stark zu reduzieren. Erneuerbare Energien sollen vermehrt zum Einsatz kommen. Dazu hat die Bundesregierung bereits Planungsvorlagen entwickelt. Neuerungen sieht sie sowohl bei Neubauten als auch bei Bestandsimmobilien vor.
Das sind die Pläne der Bundesregierung zur Umsetzung der Klimaziele im Überblick:
- Maßnahmen wie die energetische Gebäudesanierung sollen deutlich schneller umgesetzt werden; neue Regelungen sollen so schnell wie möglich gelten.
- Es soll ein Einbauverbot für Gasheizungen im Neubau geben.
- Ein Standard im Neubau, der sich am Effizienzhaus 55 orientiert, soll flächendeckend gelten. Das bedeutet, jedes neugebaute Haus muss sich nach diesem Standard richten.
- Außerdem soll bei Neubauten Solarenergie eingesetzt werden.
- Wärmepumpen sind als Alternative zur Gasheizung vorgesehen.
- Beide Formen erneuerbarer Energien, Solarenergie und Wärmepumpen, fördert die Bundesregierung entsprechend neu.
Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien steht bereits die Änderung des Gebäudeenergiegesetzes. Das Gesetz gilt gleichsam für Neubauten und für Altbauten. Demnach muss ab 01.01.2025 jede neue Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Öl- oder Gasheizungen als alleiniges Heizungsgerät sind dann nicht mehr zulässig.
Wie können die Pläne des Bundes im Immobiliensektor funktionieren?
Für Neubauprojekte kommt eine Wärmepumpe als Heizgerät infrage. Diese kann mit Wärmekollektoren im Erdreich bzw. Grundwasser oder als Luft-Wärmepumpe zum Einsatz kommen.
Da diese Wärmepumpen Strom benötigen, sollte dieser Strom auch aus erneuerbaren Energien kommen. Eine Lösung bieten Photovoltaikanlagen, die auf den jeweiligen Dächern installiert werden. Anreize will die Regierung über Fördergelder und Abschreibungen geben aber auch für die relevanten Ausbildungsberufe.
Was ist ein Effizienzhaus 55?
Ein Effizienzhaus 55 ist ein Haus, das 45 Prozent weniger Energie verbraucht als ein Effizienzhaus 100. Ein Effizienzhaus 100 ist ein Neubau, der 100 Prozent der Energiemenge verbraucht, die laut Energieeinsparverordnung (EnEV) zulässig sind. Ein Effizienzhaus 55 benötigt demnach nur 55 Prozent so viel Energie wie ein vergleichbarer Neubau, der den maximal zulässigen Wert nach der Energiesparverordnung erreicht.
Welche Maßnahmen im Immobiliensektor sind sinnvoll, um Klimaziele zu erreichen?
Tragen aber diese Maßnahmen wirklich dazu bei, dass die Klimaziele im Immobiliensektor erreicht werden? Mit den Klimazielen sollen Treibhausgasemissionen bis 2030 halbiert werden. Schnell umsetzbare und differenzierte Maßnahmen sind hierfür notwendig.
Betriebsoptimierungen bei Immobilien zur Produktion können beispielsweise bis zu rund 30 Prozent der Endenergie einsparen. Diese Maßnahmen bedeuten jährlich etwa zehn Millionen Tonnen weniger CO2-Emissionen. Bei Optimierungen von Wohnimmobilien sind ca. acht Prozent Energieeinsparungen realistisch. Damit sind Betriebsoptimierungen eine gute Maßnahme, um die Klimaziele zu erreichen.
Auch die Solarisierung der Dachflächen zur Stromproduktion, der Ausbau von und der Anschluss an Fernwärmenetze sowie der Umstieg auf Wärmepumpen unterstützen die Pläne der Bundesregierung hinsichtlich einer schnellen Klimawende. Denn auch diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Treibhausemissionen zurückzufahren.
Aber trägt auch eine bessere Dämmung an den Häusern zu Energieeinsparungen bei? Das Gebäudeenergiegesetz schreibt bestimmte Werte für Dämmungen vor. Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass bessere Dämmungen als die im Gesetz vorgeschriebenen nur rein theoretisch zu Einsparungen an Heizenergie führen.
Die Praxis sieht anders aus. Der Energie, die letztendlich durch die bessere Dämmung eingespart wird, stehen die hohen CO2-Emissionen im Herstellprozess der Dämmstoffe entgegen. Hier muss für den Immobiliensektor noch ein vollständig nachhaltiger Ansatz her.
Wie wirkt sich die aktuelle Kriegslage in der Ukraine auf Klimaziele und Wohnungsmarkt aus?
Die Klimaziele mit den beschriebenen Maßnahmen im Immobiliensektor umzusetzen, bedeuten vor allem weniger fossile Brennstoffe und dadurch weniger Abhängigkeit von Russland.
Mit dem Ukrainekrieg ist die Umsetzung der Ziele nun dringlicher den je geworden. Für Neubauten wird die Bundesregierung – so scheint es – einige langfristig geplante Änderungen früher umsetzen als vorgesehen.
Die aktuelle Situation wird wie ein Beschleuniger wirken, denn die erneuerbaren Energien haben das Potenzial, Abhängigkeiten zu minimieren, eine neue Ordnung der Ressourcen herzustellen und damit auch wirtschaftlicher zu sein.
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Welchen Einfluss hat die aktuelle Ukrainekrise auf den deutschen Wohnungsmarkt?
Wohnungsbedarf vor der Krise
Schon vor Aufnahme der Flüchtlinge aus der Ukraine war der Wohnungsmarkt angespannt. Die Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, pro Jahr 400.000 Wohnungen bauen zu wollen, davon 100.000 Sozialwohnungen. Diese Maßnahme gilt bei hohen Baupreisen als ambitioniert und spiegelt wohl kaum den eigentlichen Bedarf wieder. Sie dient lediglich der Entspannung des Marktes.
Wohnungsbedarf aktuell
Mögliche Szenarien, die errechnet wurden, sehen folgenden Wohnungsbedarf vor:
- 310.000 Flüchtige – ca. 120.000 zusätzliche Wohnungen
- 810.000 Flüchtige – ca. 310.000 zusätzliche Wohnungen
- 1,29 Millionen Flüchtige – ca. 500.000 zusätzliche Wohnungen
Dennoch rechnen Experten damit, dass dies mit den Zielen der Bundesregierung vereinbar ist.
Klimaziele, angespannter Wohnungsmarkt, Ukrainekrise: Ist das miteinander vereinbar?
Laut Experten ist das möglich. Denn es müssen nicht alle benötigten Wohnungen neu gebaut werden. Vielmehr werden die aufgenommenen Ukrainer dorthin gehen, wo es Arbeitsplätze gibt und wo ihre Landsleute sind. Das sind neben den großen Städten auch Regionen mit höheren Leerständen. Der Neubau von Wohnungen sollte hier möglichst bedarfsgerecht geplant werden.
Welche Herausforderungen hat der Immobiliensektor mit Hinblick auf die Klimaziele?
Um diese aktuellen Herausforderungen an die Wohnungswirtschaft zu meistern, müssen die Maßnahmen schnellstmöglich ergriffen und umgesetzt werden. Zeit ist hier einer der wichtigsten Faktoren. Dafür ist der Immobiliensektor nicht gerade bekannt. Die akute Rohstoffkrise, steigende Baupreise und die immer schwerer zu bewältigenden Verfahren auf dem Immobilienmarkt verschärfen noch das Problem.
Die aktuellen Sorgen in Bezug auf Inflation, die Aussicht auf einen Zinsanstieg und der erhöhte Aufwand für die angestrebte Klimawende konkurrieren zusätzlich mit der erhöhten Nachfrage, die auf dem Wohnungsmarkt erwartet wird. Das können Motoren für weitere Preisanstiege sein.
Es wird ein Umdenken auch in der Zusammenarbeit von Kommunen und Marktteilnehmern nötig sein. Diese Herausforderungen sind nur mit einer Vereinfachung in jeder Phase der Entwicklung von Neubauten zu meistern. Auch innovative Umnutzungskonzepte werden gebraucht.
Der Bund wird für seine Pläne für Neubauten und erneuerbare Energien mehr Geld auf allen Ebenen in die Hand nehmen müssen. Nur dann können die Energiewende und die Herausforderungen an den Wohnungsmarkt wie die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine erfolgreich gemeistert werden. Trotzdem wird es zumindest kurzfristig zu einer Verschärfung auf dem Wohnungsmarkt kommen.
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